Behindertenparkplatz: Teilhabegesetz passt Voraussetzungen für aG an

Der Zugang zum Behindertenparkausweis (Behindertenparkplatz) wird mit dem ab 2017 in Kraft tretenden Bundesteilhabegesetz neu formuliert. Der Gesetzgeber erreicht das, indem die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG neu formuliert werden. Ist dieses Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis eingetragen, dann stellt die Straßenverkehrsbehörde auf Vorlage des Ausweises einen Behindertenparkausweis aus (blau mit Rollstuhlsymbol). Dieser berechtigt zum Parken auf Behindertenparkplätzen.

Die bisher festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für aG hatten zur Folge, dass in den einschlägigen Broschüren und den Bescheiden der Versorgungsämter oftmals für den Einzelfall unpassende Beispiele genannt wurden, die sich nur auf das orthopädische Fachgebiet bezogen. Anspruch auf aG hatten auf dem Papier bisher Querschnittsgelähmte, Amputierte oder Personen mit vergleichbaren Einschränkungen.

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Das Verkehrsschild Behindertenparkplatz.Mit der neuen Formulierung fließt nun endlich ein Urteil des Bundessozialgerichtes aus dem Jahr 2002 (B 9SB 7/01 R) in das Gesetz ein. Der Personenkreis für das Merkzeichen aG umfasst nun jene Menschen, die sich wegen der Schwere der Behinderung nur mit großer Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb des Autos bewegen können. Hierzu zählen jene Personen, die bereits für sehr kurze Entfernungen auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Das kann nun auch aufgrund neuromuskulärer oder mentaler Funktionen aber auch wegen Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und der Atmungsorgane notwendig sein.

Wann bekomme ich aG im Schwerbehindertenausweis?

In der Gesetzesbegründung werden u.a. die unten genannten Gesundheitsstörungen genannt. Doch das alleine reicht nicht. Nur wenn auf diese Beeinträchtigungen mindestens ein GdB von 80 bezogen auf die Gehfähigkeit anerkannt wird, ist das Merkzeichen aG zu vergeben:

  • Gangstörungen mit neurologischen Ursachen und verbunden mit der Unfähigkeit, ohne Unterstützung zu gehen oder die eine dauerhafte Rollstuhlbenutzung notwendig machen (z.B. Querschnittslähmung, Multiple Sklerose, ALS, Parkinson)
  • Funktionsverlust beider Beine ab Oberschenkelhöhe
  • Funktionsverlust eines Beines ab Oberschenkenhöhe ohne Möglichkeit einer prothetischen oder orthetischen Versorgung
  • schwerste Einschränkung der Herzleistungsfähigkeit
  • schwerste Gefäßerkrankungen, z.B. arterielle Verschlußerkrankung
  • nicht ausgleichbare Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades
  • schwerste Beeinträchtigung bei metastasierenden Tumurerkrankungen

Bei der Begutachtungspraxis wurde auf die genannten Erkrankungen auch in der Vergangenheit schon Rücksicht genommen. Mit der Formulierung der genannten Erkrankungen im Gesetzestext verschwinden jetzt letztlich auch die einseitigen Beispiele aus den Begründungen der Begutachtungen und Bescheiden.

Eine weitere Gesetzesänderung des ab 2017 in Kraft tretenden Bundesteilhabegesetzes besteht darin, dass auf Antrag eine Feststellung eines GdB oder Merkzeichens auch rückwirkend stattfinden kann. Dazu müssen die gesundheitlichen Voraussetzungen bereits zu einem früheren Zeitpunkt bestanden haben. Das kann unter anderem bei der Steuererklärung sinnvoll sein.

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Bundesteilhabegesetz: die wichtigsten Veränderungen 2017 und 2018
Bundesteilhabegesetz: Persönliche Assistenz und die Antragstellung
Bundesteilhabegesetz 2018: Leistungen zur Mobilität
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Über Jochen Radau

Studium der Sozialpädagogik in Würzburg und Studium der Medizintechnik in Ulm, seit 20 Jahren psychosozialer Berater bei der DMSG im Landesverband Bayern, dort auch Onlineberater. Betreiber und Redakteur dieses und weiterer Blogs zu den Themen Schwerbehinderung und Pflegeversicherung. Weiterqualifikationen in systemischer Beratung und vielen Themen des Sozialrechts.